Studie Hochburgen-Fahrradklau: 160 Städte und Kreise im Vergleich: / fast 333.000 Räder in Deutschland entwendet / 177 Mio. Schaden

17.05.2017

Dramatische Zunahme von Diebstählen in Leipzig (+2.791), Berlin (+2.173) und Sachsen (+1.400) / schlechteste Aufklärungsquote seit 1997: nur 8,8 Prozent / höchster Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger seit 1993: 33,5 Prozent/ jede Stunde 38 Räder weg

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Die ersten warmen Sonnenstrahlen treiben sie wieder hinaus an die frische Luft: die Fahrradfahrer. Zu Tausenden bevölkern sie mittlerweile wieder die Straßen und Wege. Doch Achtung: Auch die Fahrraddiebe legen sich wieder voll ins Zeug. Für sie beginnt nun die wichtigste Zeit des Jahres. Denn in den Monaten Mai bis August gehen 44 Prozent aller Fahrraddiebstähle in Deutschland „über die Bühne“. Im Jahr 2016 waren es insgesamt 332.486 gestohlene Fahrräder. Allein 203.446 davon entfallen auf die 160 untersuchten Städte und Landkreise. Grund genug für das Verbraucherportal billiger.de (2,42 Mio. Nutzer lt. AGOF 01/2017), sich die Fahrraddiebstähle in einer Städte- und Landkreis-Studie näher anzuschauen.

Auffallend: die miese Aufklärungsquote. Sie liegt im Schnitt bei sehr dürftigen 8,8 Prozent – der schlechteste Wert seit 1997! Das bedeutet auch: 9 von 10 gestohlenen Fahrrädern bleiben für immer verschwunden – trotz der vielfach angepriesenen Fahrradcodierungen und der scheinbar sicheren Fahrradschlösser.

Die Zahlen zeigen: Fahrradklau findet stündlich zigfach in Deutschland statt. Der Schaden beläuft sich auf rund 177 Mio. Euro im Jahr. Das Diebesgut wird „am Stück“ oder in Einzelteilen auf Floh- und Wochenend-Märkten, aber auch via Internet weiterverkauft.

Münster, Leipzig, Bremen, Bonn, Mannheim - der Fahrradklau brummt

Auf Platz eins im Klau-Ranking befindet sich – einmal mehr – Münster mit 1.721 gestohlenen Rädern pro 100.000 Einwohner (absolut: 5.337, plus 144 gegenüber 2015). Auf Platz zwei liegt erstmals Leipzig. In der Messestadt wurden 1.720 „Drahtesel“ je 100.000 Einwohner von Langfingern und organisierten Banden geklaut. Absolut entspricht dies 9.642 entwendeten Rädern. Das sind sage und schreibe 2.791 Räder mehr als 2015. Damit verzeichnet Leipzig den größten Anstieg an Diebesgut deutschlandweit.

Leipzigs Nachbarstadt Halle an der Saale belegt den dritten Rang mit 1.543 Diebstählen je 100.000 Einwohner (3.657 absolut, plus 298). Ebenfalls vorn dabei sind zwei weitere ostdeutsche Städte: Cottbus (1.513 Delikte je 100.000 Einwohner, 1.508 absolut) und Magdeburg (1.492 Delikte je 100.000 EW, 3.518 absolut)

Es folgen Kiel (1.345 Delikte je 100.000 Einwohner), Dessau-Roßlau (1.305 Delikte je 100.000 Einwohner), Oldenburg (1.261 Delikte je 100.000 EW), Delmenhorst (1.192 Delikte je 100.000 EW), Potsdam (1.095 Delikte je 100.000 EW), Bremen, Göttingen, Emden, Wilhelmshaven, Hamburg, Berlin, Hannover, Bonn, Freiburg im Breisgau, Osnabrück, Aachen, Mannheim, Bremerhaven, Bamberg, Braunschweig, Paderborn, Regensburg, Ingolstadt und Karlsruhe.

Landkreise: Diebstahlquoten bereits auf Großstadtniveau

Billiger.de wertete auch Daten zum Fahrraddiebstahl auf der Landkreis-Ebene aus. Im Top-60-Landkreis-Ranking fällt ein starker Bezug zu den benachbarten städtischen Klau-Hochburgen auf.

So sind etwa die Landkreise um Münster (Borken, Coesfeld, Steinfurt), Leipzig (Nordsachsen), Cottbus (Spree-Neiße und Oberspreewald-Lausitz oder Dahme-Spreewald), Magdeburg, Halle (Saale) oder Dessau-Roßlau (Anhalt-Bitterfeld und Wittenberg) beim Fahrradklau ebenfalls führend.

Der Landkreis Spree-Neiße (Platz eins im Landkreis-Ranking) verzeichnete 2016 ein Diebstahl-Aufkommen von 1.012 geklauten Rädern je 100.00 Einwohner (1.190 insgesamt), im Kreis Borken (Platz zwei) waren es 1.010 je 100.000 EW (3.733insgesamt) und im Kreis Coesfeld 759 Delikte je 100.000 EW (1.657 insgesamt). Mit diesen Quoten bewegen sich diese, aber auch andere ausgewertete Kreise auf Großstadtniveau.

Weitere von Fahrraddiebstahl stark betroffene Landkreise in Deutschland sind: Anhalt-Bitterfeld, Steinfurt, Pinneberg, Vorpommern-Greifswald, Gütersloh, Wittenberg, Emsland, Grafschaft Bentheim, Havelland, Oberspreewald-Lausitz, Warendorf, Kleve, Dahme-Spreewald, Wesel, Teltow-Fläming, Oberhavel, Aurich, Rhein-Erft-Kreis, Lüneburg, Lörrach, Cloppenburg, Nordsachsen, Leer, Viersen, der Ortenaukreis, Nordfriesland und Diepholz.

Täglich werden in Berlin 94 Räder geklaut, insgesamt 34.418 / Leipzig mit Rekordzunahme: plus 2.791 Straftaten

Auch wenn deutschlandweit die Delikte um 2.688 zurückgingen, stellten einige Kommunen wieder neue negative Bestmarken auf. Bereits im Jahr 2014 knackte Berlin die dramatische Grenze von über 30.000 gestohlenen Fahrrädern (30.758). Zwei Jahre später sind es bereits 34.418. Täglich sind dies durchschnittlich 94 Räder.

Mit einer explosionsartigen Steigerung von 2.791 gestohlenen Rädern (9.642 absolut) stellt Leipzig einen deutschen Rekord auf. Positiv: Rückgänge bei den Anzeigen konnten Essen (minus 1.094), Düsseldorf (minus -802) oder Dresden (minus 670) verzeichnen.

Ohne Worte: Nur 8,8 Prozent Aufklärung / Bielefeld, Berlin, Schwerin, Hamburg oder Mannheim unter 4 Prozent

Es ist nach wie vor ein Bild der Trauer: Ist das Rad erst geklaut, bleibt es in 91 Prozent der Fälle auch weg. In Deutschland kommen die Ermittlungsbehörden im Schnitt nur auf 8,8 Prozent Aufklärungsquote – die schlechteste Quote seit 1997. Seit dem Beitritt der DDR zur BRD im Jahr 1990 gab es nur fünf Jahre mit einer Aufklärungsquote von mehr als 10 Prozent.

Auffällig sind hier die enormen Unterschiede innerhalb des Vergleichs. So schwanken die Aufklärungsquoten bei den Städten zwischen 33,7 Prozent in Delmenhorst, 25,6 Prozent in Wolfsburg und 24,4 Prozent in Eisenach sowie 3,5 Prozent in Bielefeld und Berlin oder 3,7 Prozent in Schwerin.

Auf Länderebene führt – wie seit Jahren – Thüringen mit einer leider recht dürftigen Quote von 14,7 Prozent. Die üblichen Flops sind die Stadtstaaten, welche sich mit Aufklärungsquoten von unter 5,0 Prozent ebenfalls am Ende der Skala befinden.

In Frankfurt (Oder): 64 Prozent, Ingolstadt: 60,9 Prozent der ermittelten Tatverdächtigen nichtdeutscher Herkunft / BRD: höchster Wert seit 1993 mit 33,5 Prozent

Auch wenn 91 von 100 Tatverdächtigen nicht ermittelt werden, gilt: Die Masse der ermittelten Tatverdächtigen sind Deutsche (66,5 Prozent). Dennoch ist die Anzahl der sogenannten „nichtdeutschen Tatverdächtigen“ im Vergleich zur deutschen Wohnbevölkerung vergleichsweise hoch. Wurden im Jahr 2013 insgesamt 22,6 Prozent nichtdeutsche Tatverdächtige dingfest gemacht, waren es 2015 immerhin schon 29,6 Prozent. Im Jahr 2016 stieg deren Anteil auf 33,5 Prozent. Das ist der höchste Wert seit 1993 (36 Prozent).

Absoluter Spitzenreiter im Städteranking ist Frankfurt (Oder) mit 64 Prozent nichtdeutschen Tatverdächtigen (2015: 52,2 Prozent). Ebenso weit über dem Durchschnitt: Ingolstadt (60,9 Prozent, Mannheim (57,9 Prozent) und Offenbach (Main) mit 56,5 Prozent.

Auffällig ist, dass 11 Prozent der ermittelten nichtdeutschen Tatverdächtigen einen polnischen Pass, rund 9 Prozent einen rumänischen und 7 Prozent einen türkischen Pass besitzen. Die Flüchtlinge sind also auch im ausgewerteten Jahr 2016 nicht das Problem.