122-Städte-Vergleich Wasserkosten: „Wucherpreise“ in Essen / Heide am günstigsten − Berlin doppelt so teuer wie New York, Köln vier Mal

17.03.2016

Teuerstes Trinkwasser u. a. in Essen, Dortmund, Hof, Görlitz, Saarbrücken, Jena, Rostock, Zwickau, Erfurt / Suhl mit dem höchsten Kubikmeter-Preis im Vergleich

Weiterführende Informationen und Grafiken können über presse@billiger.de angefragt werden.

Ob zum Kochen, Duschen oder Wäschewaschen - sauberes Trinkwasser in ausreichenden Mengen und bester Qualität ist in Deutschland eine Selbstverständlichkeit. Dabei gerät schnell in Vergessenheit, dass in vielen Teilen der Welt Wasserarmut herrscht. Aus diesem Grund findet einmal im Jahr – nämlich am 22. März – der Weltwassertag statt. Bereits seit 1993 werben die Vereinten Nationen an diesem Tag für einen bewussteren Umgang mit der flüssigen Lebensgrundlage.

Das Preisvergleichsportal billiger.de (3,43 Millionen Nutzer im Monat lt. AGOF digital facts 2015-11) nimmt diesen Tag zum Anlass, die Wasserpreise von 122 deutschen Städten und deren 118 lokalen Wasserversorgern zu prüfen. Das Ergebnis überrascht: Je nach Wohnort sind die Unterschiede der jährlichen Wasserkosten enorm und können mitunter mehrere Hundert Euro betragen. So zahlt ein Essener Single-Haushalt etwa 230 Euro mehr im Jahr als ein Alleinstehender in Heide.

Im Rahmen der Studie wurden auch Beispielberechnungen für Zwei-Personen-Haushalte sowie für Familien (3 Köpfe) durchgeführt. billiger.de wagte zudem einen Blick über den nationalen Tellerrand hinaus und recherchierte ergänzend internationale Wasserpreise in ausgesuchten Metropolen wie Los Angeles, New York oder Kapstadt.

Mengenpreis und Grundgebühr bestimmen Wasserkosten

Für die Untersuchung wurden für jede Stadt der Wasser-Grundpreis pro Monat sowie der Mengenpreis je Kubikmeter, also 1000 Liter, analysiert. Auf dieser Basis errechnete das billiger.de-Team anhand des Durchschnittsverbrauchs der Deutschen, welcher bei 122 Litern pro Kopf und Tag liegt (44.530 Liter Wasser im Jahr bzw. 44,5 Kubikmeter), die jährlichen Wasserkosten.

Anschließend wurden alle Städte, die mindestens 20 Prozent über dem ermittelten Städte-Durchschnitt liegen, als Wasserpreis-Hochburgen kategorisiert. Alle Städte, die mindestens 20 Prozent unter dem gebildeten Mittel liegen, gelten als besonders günstige Wasser-Orte.

Der zur Berechnung verwendete Grundpreis bezieht sich auf einen Haushaltswasserzähler mit einer Durchflussmenge von maximal 5 Kubikmetern pro Stunde für einen Ein-, Zwei- oder Drei-Personen-Haushalt (Kleinfamilie). Die Berechnung der Grundgebühr wird bei etwa 90 Prozent der 122 untersuchten Städte durch die Größe des Wasserzählers bestimmt. Davon abweichende Tarife wurden gesondert gekennzeichnet. Teilen sich in einem Haus drei Wohnparteien einen Hauswasseranschluss, wird die Grundgebühr entsprechend durch drei dividiert. Es kann allerdings keine pauschale Aussage darüber getroffen werden, wie viele Privathaushalte mit einem Hauswasseranschluss von maximal 5 Kubikmetern pro Stunde versorgt werden können, da dies zum Beispiel vom Pro-Kopf-Verbrauch jeder Person abhängig ist. Insofern sind die Beispielberechnung nur Näherungswerte, die je nach der Anzahl der Wohnparteien stark variieren können.

Teuerste Wasserpreise für Single-Haushalte u. a. in Essen, Oberhausen, Hof, Hagen, Görlitz, Saarbrücken, Jena, Rostock, Zwickau, Gera, Erfurt, Bonn, Köln

Die Studie zeigt deutlich: Single-Haushalte sind in Nordrhein-Westfalen – vor allem im Ruhrgebiet – nicht gerade zu beneiden. Die lokalen Wasserversorger verlangen für das frische Nass jede Menge Geld. Bei einem Durchschnittsverbrauch von 122 Litern am Tag kommt beispielsweise ein Ein-Personen-Haushalt in Essen auf eine Wasserkostenabrechnung von mehr als 315 Euro im Jahr. Damit ist Essen die teuerste Wasserstadt Deutschlands.

Auch 40 Kilometer weiter im Osten – in Dortmund – wird den Einwohnern kräftig in die Taschen gegriffen. Für die Bereitstellung und Versorgung mit Trinkwasser zahlt ein Ein-Personen-Haushalt etwa 308 Euro im Jahr. Ebenfalls recht kostspielig ist das Trinkwasser in den Städten Bottrop, Mülheim/Ruhr und Oberhausen, die sich denselben Wasserversorger teilen, mit knapp 280 Euro jährlich.

Weitere Wasserpreis-Hochburgen sind: Bochum (266 Euro), Krefeld (260 Euro), Hof (254 Euro), Bergisch Gladbach (252 Euro), Hagen (247 Euro), Recklinghausen (244 Euro), Gelsenkirchen (244 Euro), Herne (244 Euro), Görlitz (243 Euro), Saarbrücken (242 Euro), Jena (236 Euro), Rostock (236 Euro), Suhl (235 Euro), Zwickau (233 Euro), Hamm (233 Euro), Gera (233 Euro), Chemnitz (231 Euro), Erfurt (216 Euro), Leverkusen (215 Euro), Bielefeld (215 Euro) oder Wuppertal (211 Euro), Duisburg (206 Euro), Bonn (203 Euro), Moers (202 Euro), Köln (202 Euro).

Wasserversorgung in Heide, Rosenheim, Amberg, Neumünster, Ingolstadt, Berlin und Kempten am günstigsten

Glücklich schätzen können sich die Einwohner von Heide. Dort zahlt ein Ein-Personen-Haushalt mit einem Durchschnittsverbrauch von 122 Litern am Tag etwa 82 Euro pro Jahr. Im Deutschlandvergleich ist das Wasser in Heide damit am billigsten. Zudem dürfen sich die Verbraucher über äußerst stabile Preise freuen. Der aktuelle Wassertarif gilt nämlich schon seit 16 Jahren.

Günstige Wasserpreise finden sich aber auch ganz im Süden Deutschlands: Mit Gesamtkosten von 86 Euro für die jährliche Wasserversorgung wird die Stadt Rosenheim nur knapp von Heide geschlagen. Zudem ist das fränkische Amberg mit 87 Euro äußerst verbraucherfreundlich.

Besonders günstig im Vergleich ist das kühle Nass auch im holsteinischen Neumünster (89 Euro), in Ingolstadt (93 Euro), Berlin (98 Euro), Kempten (104 Euro), Frankfurt/Main (105 Euro) oder Freising (106 Euro).

Pärchen-Haushalte und Familien zahlen in Summe viel, aber weniger als ein Single

Je mehr Menschen in einem Haushalt leben, desto geringer die Wasserkosten pro Kopf – so ein weiteres Ergebnis der Studie. Pärchen zahlen in Essen zwar insgesamt immer noch einen sehr hohen Preis für das Trinkwasser im Jahr (401 Euro). Werden die Kosten jedoch anteilig heruntergerechnet, entfallen auf jede Person lediglich etwa 200 Euro. Das ist im Vergleich zum Single-Haushalt eine Ersparnis von 115 Euro pro Jahr.

Dennoch führt Essen auch in der Kategorie „Zwei-Personen-Haushalte“ mit einem Tagesverbrauch von 244 Litern das Ranking als teuerste Wasserstadt Deutschlands an, gefolgt von Dortmund (383 Euro), Suhl (373 Euro), Bochum (343 Euro), Bergisch Gladbach (340 Euro), Gera (338 Euro), Bottrop (336 Euro), Mülheim/Ruhr (336 Euro), Oberhausen (336 Euro), Saarbrücken (336 Euro), Hagen (331 Euro) und Chemnitz (330 Euro). 

Dass Essen nicht auch bei den „Familien-Haushalten“ auf Platz 1 landet, liegt am thüringischen Suhl. Mit dem höchsten Mengenpreis pro Kubikmeter (3,11 Euro) in der Studie wird es für Familien richtig teuer. So muss eine dreiköpfige Familie bei einem angenommenen Durchschnittsverbrauch von 366 Litern täglich stolze 512 Euro pro Jahr fürs Trinkwasser bezahlen – im Vergleich zu Ingolstadt, der günstigsten Wasser-Stadt in dieser Kategorie, ein Aufpreis von rund 320 Euro. In der zweitgrößten Stadt Oberbayerns kostet das tägliche Duschen, Waschen und Zähneputzen für eine dreiköpfige Familie nämlich nur 191 Euro pro Jahr.

Weitere familienfreundliche Orte – zumindest hinsichtlich des Wasserpreises – sind u. a. Heide mit jährlichen Wasserkosten von 193 Euro, Amberg (215 Euro), Rosenheim (220 Euro), Frankfurt / Main (249 Euro), Braunschweig (260 Euro), Straubing (263 Euro) und Berlin (265 Euro). Im Mittelfeld befinden sich Großstädte wie Hamburg (274 Euro), Magdeburg (289 Euro), München (306 Euro), Karlsruhe (335 Euro), Mannheim (350 Euro) und Leipzig (377 Euro).

Kostenvielfalt und die Gründe

Es hat durchaus seine Gründe, warum es in Deutschland keine einheitlichen Wasserpreise gibt. So spielt die Wasserherkunft eine große Rolle. Je nachdem, ob das Wasser aus Seen, Flüssen oder dem Boden in Form von Tiefengrundwasser gewonnen wird, variieren die Ausgaben erheblich. Auch die Bodenbeschaffenheit in der Region beeinflusst den Preis. Zum Beispiel entstehen für die Verlegung von Wasserrohren durch felsiges Gebiet andere Kosten als bei Ton, Sand und Kies. Die Topografie, also die Höhenstruktur, wirkt sich ebenfalls auf den Wasserpreis aus. Dabei stellt die Wasserversorgung im gebirgigen Gelände andere technische Anforderungen an die Verteilung, als das bei relativ geebneten Gebieten der Fall ist.

Des Weiteren entscheidet auch die Wasserqualität über etwaige Mehrausgaben. Je nach chemischer Zusammensetzung fallen für die Wasseraufbereitung unterschiedliche Kosten an. Ein weiterer wichtiger Grund ist die Siedlungsdichte. Insbesondere im ländlichen Raum sind die Pro-Kopf-Ausgaben für die Wasserversorgung höher, da die tendenziell längeren Wasserleitungen weniger Menschen versorgen als in der Großstadt. Ein zusätzlicher Kostenfaktor ist die Verwaltungsstruktur des kommunalen Wasserversorgers. Umso effizienter das Unternehmen aufgestellt ist, desto mehr spart auch der Verbraucher.

Trotz Dürre: In Los Angeles und Kapstadt ist das Wasser günstiger als in Deutschland

Das Leitungswasser in Deutschland genießt einen hervorragenden Ruf. Doch Qualität hat ihren Preis. Vor allem im internationalen Vergleich merkt man, dass die Preise in der Bundesrepublik nicht gerade günstig sind. In zahlreichen Ländern – unter anderem auch in sehr trockenen Regionen – kostet der Kubikmeter Wasser deutlich weniger. Bitte beiliegende Vergleichs-Tabelle beachten.

Zwar sind die einzelnen Länder hinsichtlich Kaufkraft und Einkommen nur bedingt vergleichbar, dennoch zeigt die Stichprobe: Wasser ist in Deutschland mit am teuersten. Zieht man den durchschnittlichen Wasserverbrauch eines Deutschen von täglich 122 Litern (bzw. 44,5 Kubikmetern jährlich) als Vergleichsgröße heran, kommt ein Single-Haushalt in der Mega-City New York auf eine jährliche Wasserrechnung von 54 Euro. Damit ist das Wasser in Big Apple etwa 45 Prozent günstiger als in der deutschen Landeshauptstadt Berlin (98 Euro), im Vergleich zu Köln (202 Euro) fast vier Mal so billig.

Auch die Preise in Los Angeles sind alles andere als teuer. In der Hollywood-Stadt zahlt ein Single-Haushalt bei einem jährlichen Verbrauch von 44,5 Kubikmetern gerade einmal 66 Euro im Jahr – angesichts leerer Stauseen und niedriger Wasserpegel in der Region ein aus deutscher Sicht sehr günstiger Preis.

Selbst in der wohlhabenden Region von Kapstadt in Südafrika zahlen die Bewohner deutlich weniger. Eine Modellrechnung von billiger.de hat ergeben, dass dort bei einem täglichen Verbrauch von 122 Litern Wasserkosten in Höhe von rund 79 Euro pro Person entstehen. Zur Erinnerung: Im Schnitt kommen alle unter-suchten deutschen Städte auf eine jährliche Wasserabrechnung von rund 167 Euro.

Studiendesign: Grundlage für die Berechnung der jährlichen Gesamtkosten waren die Wassertarife der jeweiligen kommunalen Wasserversorger, alle Preise inkl. Abgaben und Steuern. Für die Berechnung wurden Ein-, Zwei- und Drei-Personen-Haushalte mit einem täglichen Wasserverbrauch von 122 Litern (=44,53 m3 im Jahr) pro Person herangezogen. Der tägliche Wasserverbrauch von 122 Litern pro Person beruht auf dem Datenblatt „Marktdaten Wasser“ des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft vom 10.6.2015.

Der zur Berechnung verwendete Grundpreis bezieht sich auf einen Haushaltswasserzähler mit einer Durchflussmenge von maximal 5 Kubikmetern pro Stunde (die entspricht in der Regel ein bis zwei Wohnparteien). In der Regel ist das der günstigste angebotene Grundpreis. (Achtung: Durchflussmenge ist nicht gleich Pro-Kopfverbrauch!) Davon abweichende Tarife wurden gesondert gekennzeichnet.

Die anfallenden Abwassergebühren wurden im Ranking nicht berücksichtigt. Diese Abgabe wird üblicherweise von der Kommune für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung erhoben und orientiert sich am Wasserverbrauch. Auch hier unterscheiden sich die Preise je nach Region. In Berlin kostet beispielsweise der Kubikmeter Schmutzwasser 2,30 Euro, in Hannover 1,72 Euro und in München 1,56 Euro. Stand: 24. Februar 2016. Alle Angaben ohne Gewähr.